Der Musiker und Produzent Jens Lueck hat sich einen Traum verwirklicht und mit dem Projekt SINGLE CELLED ORGANISM ein epochales musikalisches Werk geschaffen. Wir wollten mehr darüber ermitteln und konnten ihn interviewen:
1. Lieber Jens, du hast ein epochales musikalisches Werk geschaffen. Es erinnerte mich beim ersten reinhören an Pink Floyd und The wall. Wie bist du auf die Idee gekommen, so ein Projekt zu starten? Dazu muss man wissen, dass du Drums, Keyboards, Bass und Vocals übernommen hast. Da ist sicher ein Traum in Erfüllung gegangen, oder?
Ich habe in den ersten 10 Jahren meiner Musikerzeit eigentlich
immer Progressive-Rock oder Art-Rock-Projekte gehabt; das war einfach meine
Musik. Aber mit der Zeit - vor allem dadurch, dass ich immer öfter in die
Produzentenrolle geschlüpft bin - habe ich mich immer weiter von diesem Segment
entfernt und habe er im Bereich Filmmusik, intelligente, gengreübergreifende
Popmusik gearbeitet. Vor etwa zweieinhalb Jahren bin ich dann durch meine
damals 15-jährige Tochter (die inzwischen auch für sich Pink Floyd entdeckt
hatte) auf Porcupine Tree / Steven Wilson aufmerksam geworden. Und das war wie
ein Flashback. Mit einem Mal war alles wieder da und ich wollte unbedingt ein
Konzeptalbum in diesem Segment auf die Beine stellen. Es war wie eine Reise
zurück zu meinen Wurzeln.
2. Für
alle, die noch keine Gelegenheit hatten, reinzuhören oder sich damit zu
befassen, worum geht es genau?
Das Album heißt SPLINTER IN THE EYE und erzählt eine
zusammenhängende Geschichte und ist damit ein klassisches Konzeptalbum. Die
Rahmenhandlung erzählt von einem psychologisch-sozialen Experiment, das im
Geheimen stattfindet. Dabei wird in einem künstlichen Umfeld ein Mädchen
gezeugt, das in der Folge isoliert von der Welt in einem hermetisch
abgschotteten Wohntrakt aufwächst. Der einzige "Input", den sie
bekommt, stammt in den ersten Jahren von Robotern und später von rund 50
Bildschirmen, auf denen sie verschiedenste ausgewählte Sendungen sieht
(Nachrichten, Unterhaltung, Dokumentationen, usw.). Sie weiß aber nicht, dass
all das tatsächlich existiert, denn ihre Welt endet an den Wänden ihres
Wohntraktes. Ihr Aufwachsen wird konstant von versteckten Kameras und Mikofonen
überwacht, um zu sehen, welche Entwicklung das Mädchen macht. Im Laufe der Zeit
beginnt der Forschungsleiter immer mehr an der Richtigkeit des Experiments zu
zweifeln und schließlich kommt es zu einer unvorhersehbaren Entwicklung. Ich
möchte hier nicht alles verraten. ;-)
3.Wie
war der Arbeitsablauf, wie lange hast du insgesamt daran geschrieben und
komponiert und arrangiert an diesem Meisterwerk?
Erstmal vielen Dank für das Kompliment! ;-) Die Kompositionsphase
hat rund 12 Monate gedauert, weil sich die Geschichte und die Musik zeitgleich
entwickelt haben und immer wieder kleine Änderungen eingefügt wurden. Die
Studioproduktion hat rund 6 Monate in Anspruch genommen, es war wirklich ein
kleines "Mammutprojekt"
4.Kannst
du uns weitere Mitwirkenden vorstellen?
Zuerst ist da natürlich Isgaard, die ja auch als
"Featuring-Künstlerin" mitwirkt. Ich habe mit Isgaard 7 Alben für
unser gleichnamiges, gemeinsames Projekt gemacht und ich liebe ihr Stimme.
Deshalb lag es nahe, dass sie die in ich-Form gesungenen Passagen der
weiblichen Protagonistin übernahm. Weitehin wirken 3 Gitarristen mit: Jan
Petersen (ex Sylvan) und Ingo Salzmann, beide E-Gitarre, haben schon auf
diversen Isgaard-Songs gespielt; beide sind grundverschieden und sind deshalb
eine große Bereicherung. Dieter Koch hat alle Akustikgitarren gespielt. Volker
Kuinke (u.a. Eloy, Syrinx Call) hat einige Flötenparts beigesteuert und Annika
Stolze (Cello) und Katja Flintsch (Violine, Viola), die auch beide schon an
vielen Isgaard-Alben beteiligt waren, haben sowohl die Streicher für die
Orchester-Simulationen als auch die Soloparts gespielt.
5.Was
hat dich bei der Komposition inspiriert? Hattest du bestimmte Bilder vor deinem
geistigen Auge?
Im Prinzip kamen die Ideen durch die Geschichte selbst. Außerdem
hat sich wohl über die Jahre innerlich eine Menge aufgestaut, was jetzt endlich
eine Plattform fand. Ich kam kaum hinterher, die einzelnen Ideen festzuhalten.
6.Die
Musik ist seht spährisch und hat für mich Einflüsse aus den 1970er Jahren, hat
dich diese Zeit beeinflusst?
Natürlich! Genau dort liegen meine prägenden Einflüsse: Pink
Floyd, Genesis, Gentle Giant. Als ich zum ersten Mal "Shine on you crazy
diamond" (Pink Floyd) gehört habe, dachte ich sofort: So etwas möchte ich
auch machen; ich will Musiker werden!
7.Welche Stücke ragen für dich heraus und warum?
Das ist nicht ganz leicht zu beantworten, weil sich zwei
musikalische Grundmotive (eines für das Mädchen, eines für den
Forschungsleiter) ähnlich wie in der sinfonischen Dichtung oder in der Oper
durch alle Stücke ziehen. Aber die längeren Stücke ragen natürlich eher heraus.
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8.Welcher
Song ist für dich aus kompositorischen Sinn das absolute Highlight?
Das ist für mich einmal der Titeltrack "Splinter in the
eye", weil er zum Ende hin auf eine extreme Klimax zuläuft, in der das
Thema des Forschungsleiters so "durch die Mangel gedreht wird", dass
man merkt, wie innerlich zerissen und schon fast verrückt geworden er ist. Und
zweitens eine Stelle in der Mitte des letzten Songs (Epilogue), in der sich zum
einzigen Mal die beiden Motive der Protagonisten begegnen und verzahnen. Das
ist Symbol für einen letzten "imaginären" Tanz, weil trotz der
Tatsache, dass sich beide Personen nie persönlich begegnet sind, beide
Labenswege schicksalhaft miteinander verwoben sind.
9.Kann
man es auch live erleben?
Leider nein. Es scheitert schon an der Tatsache, dass ich zuviele
Parts übernommen habe. Es wäre einfach ein zu hoher finanzieller Aufwand.
10.Wo
findet man mehr darüber?
Die meisten Informationen gibt es unter: www.singlecelledorganism.com